
Was für eine Zeitreise...
Es ist unglaublich, doch wahr. Auf Grund mehrere Missverständnisse, Knoten in der Leitung und vielen Versprechen, die nicht eingehalten wurden, befand ich mich, nein - nicht im verspäteten Winterschlaf, sondern plötzlich im Jahr 1960 ohne Telefonkabine.
Alles begann am 17. Januar. Frühmorgens um 6 wollte ich meine Nachrichten auf WhatsApp abfragen – ging nicht – Sie haben keine Verbindung zum Internet. Was das heisst, wurde mir mit einem Gefühl wie nach einer Ohrfeige, bewusst. Ich konnte meinen geliebten Blogeintrag nicht mehr veröffentlichen. Geschweige am Laptop etwas auf Word schreiben. Nicht mehr Telefonieren, so auch kein TV gucken oder Radio hören, wenn dieser am Netz angeschlossen.
Schatz schüttelte den Kopf: «Was ist da los – wir haben doch alles in die Wege geleitet, dass es reibungslos weiter funktionieren sollte.»
Zur Erklärung – unsere Fernsehgenossenschaft hat gegen Ende des vergangenen Jahres eine schriftliche Voranmeldung gemacht, dass sie sich vom Internetanbieter auf Beginn des neuen Jahres trennen werden.
Und nun? Mir wurde bewusst, dass ich in der Situation war niemanden darüber informieren zu können. Das wir nun ohne Nachrichtenmöglichkeiten dastehen. «Ich werde beim Anbieter anrufen" sagte Schatz. (mit seinem Geschäftshandy) und dann kommt das sicher Bald in Ordnung. Was für eine Hoffnung...und was für ein Glück, dass mein Handy bei einem anderen Anbieter eingemietet ist. Ich entdeckte nach ein paar Tagen, dass ich damit unbegrenzt telefonieren kann. Dazu ein kleines Guthaben vorhanden war, für den sonstigen Internetzugang.
So konnte ich wenigsten den Freunden, Verwandten und Bekannten ein Lebenszeichen abgeben. Doch mehr auch nicht. Denn schon Bald hiess es – Ihr Guthaben ist aufgebraucht. Schatz wurde zu meinem Mister Hotspot für Notfälle.
Nach Tag eins lagen nun noch lange weitere 45 Tage vor uns.
In denen Schatz unzählige Male mit dem Anbieter telefonierte. Versprechen kassierte, welche nicht eingehalten wurde. Wo er ständig wechselnden Gesprächspartner Gebetsmühlenartig immer wieder dasselbe erzählen musste. Weitere Versprechen getätigt wurden, doch nichts passierte.
Bis eines Tages eine Dame sagte: «Moment ich schau mal genau was bei ihnen notiert ist.» und nach einer längeren Pause überrascht verkündete: «Ach – sie sind ja seit dem 17.01. bei uns Deaktiviert.» Sie gab uns eine neue Nummer, wo wir uns melden könnten, damit uns geholfen. Wem geholfen werden muss, das sei nun dahingestellt, denn nach der Neuen Nummer erhielten wir eine weitere, weil diese erste nicht für das zuständig sei. Dieselbe Aussage erhielten wir von Nummer 2, welche uns die Nummer 1 wieder zum Anwählen gab. Ping Pong im Geschäftsleben...hahaha
Einige Tage später erklärte eine weitere Dame etwas abgeklärt: «Ja selbstverständlich – sie haben die nötigen Geräte noch nicht erhalten, weil sie den Vertrag den wir ihnen per Mail zugeschickt, noch nicht unterschrieben zurückgesendet haben.» Wir fassten uns an den Kopf. Ratzfatz vermittelte sie uns weiter, als Schatz erklärte: «Frau, wir sind deaktiviert, wir haben kein E-Mail.» Sie war hörbar überfordert.
Eine neue Nummer – eine neue Person - das ganze erneut erklärend. Mittlerweile verbuchten wir es unter *unser Comicstück*. Hätte jemand ein solches für die Bühne geschrieben, so hätte wahrscheinlich jeder gesagt, das gibt es nicht wirklich.
Doch gibt es!
Schatz tätigte beinahe jeden Anruf in meinem Beisein und stellte dabei auf Lautsprecher. Ertönte die langweilige Wartemelodie, die wir beide schon im Schlaf hätten summen können, tanzte ich ihm etwas Clownesk dazu vor. Ein bisschen Aufheiterung in diesem Drama konnte nicht schaden. Hahaha
Oder waren es die Nebenwirkungen der Internet, Telefon reduzierten und ohne TV Zeit? Ja – es tat sich mir eine ganz neue Welt auf. Ich bastelte 25 Geburtstagskarten. Begann Origami…richtete mir eine fixe Zeit ein, wo ich täglich den Hund durchbürstete. Das tue ich sonst auch – jeden einfach, wenn es grad so passt. Ich wurde cooler und gechillter. Dinge regten mich nicht mehr so schnell auf…
Ich lachte wieder mehr - wie früher. Ich glaube mein Puls schlug einfach etwas friedlicher mit mir und anderen.
Was für eine großartige Nebenwirkung.
Vergessen ging das Gefühl, ich will noch rasch bei Google was übersetzen, nachschauen oder erklären lassen. Den Drang nach der Wetterapp oder bei WhatsApp nachzuschauen, verschwand. Filmchen über lustige Papageien, Basteleien oder Tänzen, Sprichwörter und Biografien zu suchen…und, und, und. Alte Kochbücher wurden hervorgekramt und ein Roman gelesen. Gebacken - was ich schon lange nicht mehr gemacht hatte. Ich bin seither der Meinung, das Internet frisst nicht nur die Zeit...sondern so viel mehr.
«Unser System sieht es nicht vor, dass wir ihnen einen Vertrag per Post schicken können. Das geht nur per
E-Mail» diese unglaubliche Satz verkündete eine Dame die sehr schlecht Deutsch sprach. Es ist unglaublich wie viele Nationen Schatz in den 46 Tagen am Ohr hatte. Einige baten ihn Hochdeutsch zu
sprechen, um dann doch nicht zu verstehen, was er erklärte. Unglaubliche viele Nummern gingen durch den Lautsprecher, eingetippt und unbekannte Menschen am anderen Ende mit angehört.
Leute in unserem Umfeld, stresste unser Geschichte allein beim Zuhören. Komisch - Uns immer weniger. Wir hatten immer mehr Lachmomente. Und auch wenn das kaum jemand verstand…wir wollten das Durchziehen und nicht einfach abbrechen.
Vielleicht ist das unser Geheimnis einer 44 Jahre bestehenden guten Beziehung hahahah
Und mal ehrlich, das Phänomen, dass man plötzlich Geschichten über misslungene Internetanschlüsse bei jeglichen Anbietern hörte, war so wie wenn man krank ist und plötzlich darüber jeder eine Geschichte zum Besten geben kann. Als würde eine Schleuse unseres Themas geöffnet.
Manche nannten es vielleicht *Dumm* *Sturköpfig* oder sonst was. EGAL!
Unterdessen hatte Schatz an Tag 30 oder so, den Einfall: «Hei – wir können ja TV gucken» So war es auch, ihm war in den Sinn gekommen, dass ein altes Antennenkabel und die noch Mitgliedschaft beim der TV-Genossenschaft es möglich machen können. Und so wanderten wir am Abend nach oben, wo in einem Schrank ein kleiner Fernseher steht, guckten dort jeweils den 20:15 Film und danach gingen wir ins Bett.
Die Hiobsbotschaft eines Tages von Schatz «Mist-mir ist die OTO-Steckdose kaputt gegangen und das Glasfaserkabel hat es in die Wand gezogen». Dies als er den Schrank mit dem grossen Fernseher im Wohnzimmer beiseitegeschoben hatte. Genau das hatte weitere Telefonate zur Folge, sowie Drängeln, Warten – keine Rückmeldungen für einem Reparaturtermin. Doch funktionierte dieses dann plötzlich wie am Schnürchen, als ich vorschlug beim Elektriker persönlich vorbeizuschauen: «Du redest – ich gucke böse!» hahaha so lachten wir.
Und dann fing es an zu rollen. 4 Tage später - 08:00h Elektriker – 9:00 am selben Tag die Glasfaser Spezialisten. Und dann endlich – die Geräte kamen. Die Setbox und die Fernbedienung und stell dir vor…SIE FUNKTIONIERTEN MIT DEM ERSTEN VERSUCH! Halleluja! Und das nach dem wir den Vertrag 2-mal per Postboten erhalten, unterschrieben und zurück geschickten hatten.
Wir haben wieder TV mit einem super Bild wie nie zuvor. Oder ist es, weil wir uns an den kleinen gewöhnt hatten? Egal – Wir können wieder W-Lan(en) – Internet und Hausanschluss mit dem Telefon benutzen.
Und – Tataaaaaaaa! Ich kann wieder Blog schreiben.
Doch – einiges hat sich verändert…ich benutze alles viel weniger…, weil ich gemerkt habe, dass dieses Detox von all diesen Geräten und Anwendungen mir wirklich guttun. Weiteres werde ich dazu schon Bald preisgeben.
Ich kann es jedem nur Empfehlen – es müssen ja nicht gleich volle 46 Tage sein und das Ganze von uns durchlebte Prozedere... hahaha
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Ruth Vordermann (Dienstag, 07 März 2023 13:48)
Unglaublich , aber doch wieder etwas Erfahrungsberichtes. Alles liebe Ruth