
"Och guck - wie süss er ist..." sagte ich zu Schatz, während mein Blick über die Weide zu einem Rind schweifte. "Wir könnten ihn doch auch freikaufen und dann in den Garten nehmen..." Schatz grinste "und sonst noch was?" sagte er lachend. "Ja - wir bauen unseren Schopf zum Stall um, damit Otis dann die passende Unterkunft hat." In meiner Fantasie hat schon alles so prächtig ausgesehen.
"Ach - Otis heisst er also auch schon?" so Schatzes Bemerkung. Er wusste ganz genau, woher diese Namensgebung kam. Hatte ich ihm ebenfalls auf einem Hundespaziergang - wie gestern - von einem Bericht, den ich im TV gesehen hatte, erzählt. Auch wenn es schon Wochen her ist --- ich werde es nie vergessen "Ja Otis" erklärte ich erneut.
Es war einmal irgendwo in Deutschland eine Frau, die jeden Tag auf ihrem Spaziergang an einer Zuchtstätte für Rinder & Kühe vorbei ging. Eines Tages sah sie ein Kalb braun mit grossen dunklen Augen, das separat von den anderen gehalten wurde. Mit dem Bauer im Gespräch erfuhr sie, dass nur die weiblichen Rinder behalten werden und leben durften. Dies weil sie zu Milchkühen herangezogen würden. Alle Männlichen Nachkommen kämen jedoch schon bald zum Schlachter. Es stellte sich heraus, dass auch dieses hübsche Kalb, dieser Regelung zum Opfer fallen würde. Die Frau erbat beim Bauern eine Frist für das Kalb. Selbstverständlich würde sie die anfallenden Kosten übernehmen. OTIS - wie sie ihn nannte, hatte ihr Herz gestohlen. So geschah es auch - Otis wuchs heran und wurde vorläufig seiner einstigen Bestimmung durch Menschenhand verschont und erhielt nicht nur seine Milchflasche, sondern ebenfalls jeden Tag seine Streicheleinheiten, wenn die Frau vorbeischaute. Doch bald schon war die Frist abgelaufen - ausserdem war seine Box zu klein geworden und Otis war schon längst nicht mehr ein Kalb, sondern ein neugieriges Rind. Die Milchflasche war der festen Nahrung gewichen und das alles verursachte mehr und mehr Kosten und Zeitaufwand für den Bauern. Die Frau erbat sich noch wenige Wochen Zuschlag. Es sei ihr Finanziell nicht möglich Otis weiter zu unterstützen, doch sie hätte eine Idee und wenn der Bauer mitziehen würde, hätte Otis das Glück auf Leben. Der Bauer willigte ein. Auch ihn machte es betroffen, wenn er Tiere zum Schlachter bringen musste. Doch konnte er keine Lösung für eine Änderung seines Broterwerb finden. "Es sei der Lauf der Dinge." sagte er betroffen und achselzuckend. Otis war nun über 6 Monate alt, als die Frau eines Tages freudig berichten konnte: "Ich habe einen Platz für Otis auf einem Gnadenhof gefunden." Dort darf er bis zu seinem natürlichen Ableben bleiben." Weiter erklärte sie, dass sie nun auf der Suche nach Paten für Otis sei. Denn sie allein könne die Unterstützung für das Tier nicht über Jahre aufbringen. Otis wurde kurz darauf in einen Anhänger verfrachtet und in sein neues Zuhause gefahren. Er war sehr lieb und angepasst. Dort angekommen erklärten die Betreiber des Gnadenhofes, dass er erst allein sein neues zuhause erkunden und nebenan ein anderes Rind und Kühe durch den Zaun beobachten könne. In kurzer Zeit liesse man ihn auf die Weide zu Mutterkühen, die würden ihm dann erklären, was ein Elektrozaun sei.
Die Paten für den unterdessen kastrierten Stier wurden gefunden und Otis darf nun tatsächlich dort seine glücklichen Tage unter Artgenossen in der Herde verbringen. Vielleich kannst du dir vorstellen, dass mir die Tränen liefen. Nicht zuletzt als erwähnt wurde, dass durch die Kastration sanfte grosse und liebenswerte ca. 400 Kilo schweren Ochsen heranwachsen. Solche, wie früher vor den Karren gespannt wurden, um das Feld zu bestellen oder Holz zu ziehen. Mit einem Stier wäre das nie möglich. Also auch Otis wird heute bestimmt ein sanfter gutmütiger und lieber Riese sein. Und nun - *mein* Otis steht auf der Weide, und ich hoffe jeden Tag, dass meine Wünsche im Himmel erhört werden. Ich bin mir bewusst, dass er nicht allein in einem Garten leben kann. Doch das ist nicht alles - auf der Weide stehen ja noch nichtsahnend Otis II und Otis III. und sie wachsen und wachsen...und weitere Otis werden folgen Jahr um Jahr und Milchkühe werden benutzt und benutzt.
Liebe/r Leser/In - ich hatte mir mal auf die Blogger Fahne geschrieben, nur schönes - motivierendes - anregendes usw. zu schreiben...doch in diesem Falle...Du siehst - da kommt das Riesenthema und ich … Ich schmeisse mein Vorhaben über den Haufen. Ich die Fleischesserin - doch schon lange interessiert an der Thematik und seit der Otis Geschichte nochmals ganz anders damit im Umgang. Ich kam nicht umhin euch diese Geschichte zu erzählen. Weil am Ende ein Otis lebt --- Wo sind meine Taschentücher...schnieff!
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Ruth Vordermann (Mittwoch, 09 November 2022 08:14)
Ja otis lebt diesen beitrag habe ich auch gesehen .deine Geschichte wie immer sehr schön .