
Ich trug das Paket, das gerade so gross war, dass es in den Postkasten passte, wie ein rohes Ei ins Haus. Meine Vorfreude war riesig und ich konnte es kaum mehr erwarten das breite Klebeband durchzuschneiden und den Inhalt zu begutachten. Würden meine Erwartungen erfüllt?
Nach einigen Minuten lag eine weitere schön gestaltete Schachtel vor mir. Bedruckt mit Blumen und Schmetterlingen. Mein Herz wurde damit schon berührt. Beim Öffnen kamen 2 Holzstützen (als Geschenk des Versenders) und eine schwarze Box mit Reissverschluss zum Vorschein.
Vorsichtig betätigte ich ihn und klappte nach Sekunden den Deckel hoch. Ich freute mich so...
Da lag sie...dabei ein Hämmerchen, ein Anleitungsbüchlein, zwei Silikondäumlinge (Schutz für die beiden Daumen) ein Putztüchlein, sowie winzige Klebeetiketten.
Ein warmes Gefühl stieg in mir hoch als ich das dunkelbraune Holz, mit eingeritztem Vögelchen auf einem blühenden Ast, in den Händen hielt. Die Metallzungen glänzten durch das Sonnenlicht, das durchs Fenster fiel. Meine Kalimba! Mein Instrument!
Das war gestern Nachmittag.
Ich begutachtete das beigelegte Büchlein. Oh je - Noten und ihre Bezeichnungen. Im Lesen derer bin ich wirklich nicht mit Talent gesegnet. Eine Unsicherheit machte sich breit. Denn die Erfahrungen mit Musikzeichen war in etwa, wie wenn man mir viele Zahlen vor die Nase hält und sagen würde: "Zähl mal zusammen." Es strengt mich sehr an und ich werde darin leider nicht besser. Eine Zahlen- und auch Noten Sperre, könnte es man es wohl nennen. Trotzdem wollte ich schon immer Musik machen können. So auch als ich mit etwa 35-Jährig, nach Flöte im Kindesalter, es noch einmal angehen wollte. Ich konnte mir von Bekannten ein Akkordeon ausleihen. Nein – Falsch - ich mietete es und zahlte ihnen monatlich einen Betrag.
Was soll ich mir eine kaufen, wenn ich nicht weiss, ob ich damit klarkomme. Ein Jahr lang ging ich in den Unterricht. Jede Woche 45 Minuten für viel Geld. Am Ende verlor ich die Freude daran, weil das mit dem Notenlesen mich arg strapazierte...nein - in Wirklichkeit war es meine Musiklehrerin, die darauf bestand, dass ich mich mal nicht so anstellen und meine Hausaufgaben machen soll.
Sie glaubte mir nicht, dass ich jeden Tag mindestens eine Stunde geübt hatte. Doch diese vermaledeiten Noten. Sie stellten mir ständig ein Bein. Und so wurde mein Repertoire an Musikstücken nie die gehobenen Klasse, also das Ziel über die ganz, ganz einfachen Musikstücke konnte ich nicht erreichen. Ich war oft sehr traurig. Ich habe auch mal heimlich geweint, weil ich so verzweifelt übte. Und du weisst, wie es sein kann, wenn man sich etwas so sehr wünscht, und man schafft es nicht. Es wird nicht besser - der Druck versaut noch mehr. "Ohne Noten geht es nicht." So klang es mir in den Ohren meiner Lehrerin, jeden Donnerstag aufs Neue.
Viele Jahre sind vergangen - die Sehnsucht ein Instrument zu spielen blieb. Doch auch das Gefühl, dass ich für das wirklich zu dumm sei.
Bis vor zwei Wochen - da bekam ich von YouTubes ein Video zugespielt, in dem eine Frau am Meer sitzend auf einer Kalimba die Melodie von *Games of Thrones* spielt. So schön...
Das alte Fieber packte mich erneut. Etwas Hoffnung flammte auf - vielleicht schaffe ich es mit so was Musik zu machen - Als ich nach der Aussage von Schatz: "Dann bestell dir doch eine..." und einigen Zeilen im Internet über das Instrument, viele positive Aussagen von Menschen, wie auch Musikstücke, wie ein Schwamm aufgesogen hatte, bestellte ich mir tatsächlich eine. Ich konnte ich es kaum mehr erwarten das *Ding* in den Händen zu halten.
Nun war sie da - meine Kalimba. Bis Schatz gestern Abend nach Hause kam, hatte ich aus dem Internet ein Musikstück rausgesucht, deren Zahlenfolge, die ich auf den Metallzungen zum Klingen bringen sollte, abgeschrieben. Das Beste daran - gemerkt, dass ich keine Noten erlernen muss, um Melodien spielen zu können, da ich mich auf mein Gehör und eine vorgegebene Abfolge verlassen kann. Und wenige Minuten nach Schatzes eintreffen, folgte ich ihm in die Garderobe. Klimpernd auf meiner Kalimba. "Kennst du das" fragte ich stolz während er die Schuhe auszog "Kennst du das." fragte ich nochmalig etwas ungeduldig. Er schlüpfte in seine Hausschlappen. "Ja - mmmmhhh - ich komm nun einfach nicht drauf." Ich liess die Kalimba erneut klingen. Der warme Ton tat richtig gut. "Ja - hilf mir doch." Ich sah in seinem Gesicht, dass es keine Ausrede war, er suchte nach dem Titel des Liedes. hahaha Er ist in dem so ungeschickt wie ich im Noten lesen. Kann sich wenige Musiktitel oder Interpreten merken. "Sound of Silence vielleicht" lächelte ich. "Genau" gab er zur Antwort. Und auch wenn ich erst das Intro anschlagen konnte. So war ich stolz wie Bolle und auf einer Skala von zehn, mit einer 12 extrem für weiteres motiviert, schon Bald den ganzen Sound spielen zu können.
Bei einem kühlen Glas Wasser und Schatz mit einer Zigarre... Naya zu unseren Füssen, sassen wir kurz darauf im Garten am kleinen Tisch ...die Handys in Gebrauch, suchend nach weiteren Melodien, die ich irgendwann mal auf meinem Instrument spielen könnte.
"Da - schau" Schatz legte mir seins vor mich hin. Er hatte tatsächlich die Musikanleitung für den Titel des Films Games of Thrones gefunden. Und nun glaube ich sei gestern mit aller Intensität daran, dass ich... auch wenn es nicht Akkordeon, nicht Geige, kein Klavier oder Querflöte oder anderes sein wird...doch ich, mit meiner kleinen dunkelbraunen Kalimba mit dem Vögelchen auf dem blühenden Ast Motiv, meinen Wunsch Musik machen zu können, verwirklichen kann. Halleluja!
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Ruth Vordermann (Mittwoch, 19 Oktober 2022 17:49)
So schön geschrieben .
Ich freue mich schon auf eine Kostprobe.
Liebe Grüsse
Hei Angel (Mittwoch, 19 Oktober 2022 18:30)
Danke liebe Ruth. Es freut mich, dass es dir gefällt.
Tschüsschen bis Bald