
Auf dem Weg zum Hydranten an der Hauptstrasse, um Wasser für unseren Garten zu holen summte ich vor mich hin..."Picture in the dark, I see all around. Morpheus comes to me" Seit zweit Tagen, nach einem Video auf Youtube, dreht ein Ohrwurm in meinem Hirn seine Runden. Oh mein Gott, wie stellt man den ab. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass mit jedem weiteren Summer er erneut gefüttert wird und grösser und grösser wird. Mike Oldfield – er hat seine ganz eigene Geschichte in meinem / unserem Leben.
Als ich Schatz kennenlernte hörte ich fast ausschliesslich 50 & 60 Jahre Songs. Tanzte Rock n Roll und Soul. War dementsprechend gekleidet, in Bleistiftrock, Seidenstrümpfen mit einer Naht, feinen Blusen Pfennigabsätze mit spitzer Spitze und einer Frisur wie aus der Zeit. Meine Wohnungseinrichtung aus der Brockenstube sprach ebenfalls eine deutliche Jahreszahl. Nierentischchen und Küchenboard inklusive. Und war ich mit gleichgesinnten unterwegs, so glich das einem Ausschnitt aus der Westside Story oder dem späteren Grease.
Eines Abends sass da dieser rothaarige Kerl mit der wilden langen Lockenmähne, in Crossstiefel mit Motorrad vor dem Club und an Interessen was mich bislang nicht sonderlich bewegte. So auch sein Musikstil. Ach - ganz vergessen...als ich ihn das erste Mal sah, auf der langen Treppe in einer Menschenmenge buchte ich ihn unter uninteressant ab - an diesem Nachmittag spielten gerade Kiss in ihren noch unbekannten Jahren im meinem und anscheinend auch Schatzes Tanztempel. "I Was Made For Lovin`You" Kein Mensch in diesem Raum glaubte auch nur ansatzweise, dass sie genau mit diesem Lied und ihrer Aufmachung eine Weltweite Bekanntheit erlangt werden würde. An diesem Tag verzog ich mich wo anders hin, es war nicht mein Ding, Schatz hingegen trug eine schwarzen Stern auf dem Auge und machte anscheinend Party. Ich fand es lächerlich. hahaha
Als wir Tage später ins Gespräch kamen, war unter dem üblichen Gesprächsstoff und der Rubrik Musik bald der Name Mike Oldfield. Ich kannte ihn bis dato nicht. Das änderte sich rasch – denn bald zog Schatz bei mir ein und mit ihm sein Lieblingsmusik. Mike Oldfield war für ihn etwas ganz Besonderes. Lange konnte ich seine Begeisterung dafür nicht teilen.
Heute Morgen nach dem Wassertransport, sassen wir noch kurz im Garten zusammen. Pause - wäre da nicht dieser sich ständig wiederholende Sound in meinem Kopf. Ich nahm mein Handy und liess genau dieses laufen. Schatz strahlte. Als der Song fertig war, erzählte er, dass er Mike im Internet gesehen hätte mit einem riesigen Orchester welches Tubular Bells von 1973 spielten. "Es klang richtig gut" erklärte er. Zog sein Handy hervor und wählte den Song an. Ich verdrehte die Augen und schmunzelte. Da war er wieder der Blick des jungen Kerl, den ich vor über 40 Jahren kennengelernt hatte. hahaha
Kurzdarauf seine Ansage: "Und nun --- unser Lieblingslied" Das Gerät begann "To France" zu spielen. "Unglaublich" sagte ich "Jedes Mal, wenn ich das höre, bin ich auf dem Boot von Amsterdam nach Basel." Schatz lachte: "Ja verrückt - ich auch!" eine Sekunde Ruhe - dann meinte er: "Wir hörten es an Deck, mit einem Kassettenrekorder, der uns ein Schweinegeld gekostet hatte. Ich glaube 300. SFR oder so." Ich machte ein ungläubiges Gesicht: "War es nicht ein Walkman mit CD?" Schatz lachte erneut: "Nein - das gab es damals noch nicht." hahaha - muss so 1984 oder 85 gewesen sein." Sagte er. Ich nickte. «Ja genau - meine Eltern wollten mit dieser Rheinfahrt ihren 25-jährigen Hochzeitstag mit der ganzen Familie feiern." Wieder ruhe - wir hingen unseren Gedanken nach. "Weisst du noch - wir hörten es immer und immer wieder und dabei hatten wir nur ein paar Kopfhörer dabei. wir teilten ihn - Ich den einen im Ohr - du den andern. hahaha" Ja lustig war sie diese Bootsfahrt. Auch wenn es mit überwiegend unserer Meinung nach "Alten Leuten" belegt war. Wir machten unser eigenes Ding und veranstaltete mit meinem Bruder und dessen Freundin ein Kirschstein Wettspucken vom Deck aus in den Rhein. Was haben wir gelacht. Das eine oder andere Mal auch, weil wir vielleicht etwas zu viel Berenzer Apfellikör eisgekühlt getrunken hatten. Dann machten jeden Morgen mit den andern Passagieren beim Morgenturnen mit. Auch wenn es eher einem Altersturnen glich. Es war einfach alles fröhlich und ausgelassen. Und immer wieder "To France" im einen Ohr. Als wir an einem Tag dann tatsächlich durch Frankreich schipperten, unter einem blauen Himmel mit weissen Wattewölklein und weiten Feldern... ich weiss es noch als hätte ich es erst gestern erlebt...Strasbourg entgegen und Mike zum 3000sten Mal "To France dudelte und Maggie Reiley mit ihrer Unverkennbaren Stimme sang, war es trotzdem das eindringlichste, das To France ... der to Frances auf dieser Reise. Genau dieses Bild hat sich in unserem Gehirn eingebrannt - mit den vielen kleinen Nebenschauplätzen auf dieser Fahrt.
"Das ist unser Lied" sagte Schatz heute Morgen noch einmal, bevor er zur Arbeit fuhr. «Ja eines von vielen, doch vielleicht trotzdem das wichtigste.» Gab mir einen Kuss und winkte als er davonfuhr. Irgendwie so, als würde er auf eine Bootsreise gehen. Mike macht es anscheinend möglich. Hahaha Und ich - ich ging vom Garten ins kühle Haus und während ich beschloss davon zu schreiben, liess ich genau diesen Song noch einmal über mein IPad spielen. Mensch Kinder - da kann die Zeit noch so rasen, was am Ende bleibt sind genau solche Erinnerungen. Wenn das Mike und Maggie wüssten – dass wir mit ihrem Lied seit fast 40 Jahren losschippern - wenn wir es hören…lach! Mit ihrem unserem Ohrwurm *To France* versteht sich…hahaha
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