
Als ich etwa 12 Jahre jung war, zogen wir erneut um. Auch diesmal in einen Mehrfamilien Block. Jedoch zeigte sich die Situation ganz anders als zuvor. Denn der neue Wohnort brachte es mit sich, dass meine Eltern (Beide Berufstätig) das Amt des Hauswartes für unseren und den gegenüberliegenden Block übernahmen. Das hiess, 2 Eingänge, mit jeweils 2 Aufgängen a Drei Stockwerken und viel Umschwung mit Rasen. sowie Grundstückseinfassungen, welche gepflegt werden mussten.
Aus der heutigen Sicht muss ich sagen. es war völlig logisch, dass Papa mit dem 100% Job, Mama mit einer Servicestelle am Abend in einem angesehenen Landgasthof, später einer Putzstelle für Büros in der Stadt und Heimarbeit... erst eines Lampenschirm Herstellers und später eines Haarklammern Fabrikanten, niemals alles zusammen auf einen Nenner bringen konnte. Schliesslich waren da noch mein Bruder (1 Jahr jünger als ich) er und ich - Beide voll in der Pubertät und meine 2 Jahre junge Schwester. Der Sprachen- und Schulwechsel vom vorherigen Wohnort zum jetzigen, von Französisch auf Deutsch brachte eine weitere Unruhe, ins Familienleben. Alles neu!
So nun auch meine Aufgaben - wenn immer möglich für meine Schwester dazu sein, für die Familie zu kochen, im Haushalt zu helfen und die Hauswartsaufgaben - mit Ausnahme des Rasenmähen und Büsche schneiden, so gut als möglich zu machen.
Adieu Kindheit - sie verlor sich unter anderem im Jäten von meterlangen Erdstreifen unter Weissdornbüschen. Wie ich sie hasste - erst! Später fand ich es schön, wenn alles wieder so proper aussah. Und wie der Mensch so gepolt... ein Gewohnheitstier - ich machte einfach was gemacht werden musste. Denn meckern gab es bei uns zu Hause nicht.
Eines Tages kam Papa mit der Idee, er hätte da was gefunden, dass mir das leidige Thema Jäten vielleicht etwas einfacher machen würde. Er zog einen Stift - aus einer Einkaufstüte und erklärte ich solle auf die Blätter der leidigen Acker- und Zaunwinden jeweils von diesem Mittel auf die Blätter streichen. Es wurde mein Zauberstift. Denn einige Tage, oder waren es Wochen - ich weiss nicht mehr - auf jeden Fall, nach dem Darüberstreichen verdorrten die Blätter und die Stängel. Mit dem Besen kurz drüber gewischt, zerbröselte das Ganze und konnte mittels Schaufel in den Kübel entsorgt werden. Damit war dieses Thema erledigt. Bis dann an anderer Stelle wieder die gleiche Sorte wuchs und mein Zauberstift wieder zum Zuge kam. Ich entsinne mich, dass ich mehrere Jahre damit zugange war. Kein Hahn krähte und schrie: "Hilfe - Gift. Trag Sorge zu der Umwelt. Und schon gar nicht, wurde über verbotene Kinderarbeit diskutiert. Das gab es damals noch gar nicht.
Im Gegenteil, von der Immobilien Besitzerin, die im selben Haus in einer luxuriösen Dachwohnung lebte, durfte ich hin und wieder einen Geldbonus von 5.-- Fr. für gute Leistung abholen. hahaha
Heute Morgen kam mir all das in den Sinn... wann? Na, als ich am Winden entfernen war. An meinem Zaun notabene. Von Hand und mit Werkzeug – hahaha Es sind einige Meter Zaun und Pflanzen, die man umschlingen kann, wenn man Winde heisst. hahaha
Ich weiss es gibt sie noch heute, diese Mittel. Die Stifte sind einem Schaum gewichen. Werden in jeder Gärtnerei, Gartencenter und im Internet angeboten. Doch ich bringe es nicht übers Herz solche Dinge in meinem Garten zu benutzen. Da zupfe, hacke und ziehe ich lieber meine Ungebetenen Würgegeister (Zaunwinde) mit Frauenpower von den Wuchsstellen. Entschlinge umschlungenes und erfreue mich kurzfristig an den schönen Blüten, bevor sie entsorgt werden. Denn jede Blüte bringt unzählige Samenbabys zu Tage.
Ich kann in meinem Garten, in dem absolut nichts gespritzt wird, nicht so inkonsequent werden und damit Insekten, Igel, (Fremde) Katzen oder sogar den eigenen Hund damit in Gefahr bringen. Was ist, wenn es regnet, dann ist der ganze *Mist* auch noch im Boden. Was würde passieren, wenn die vielen Bienen, Hummeln und Schmetterlinge die an derselben Stelle, von der Violett blühenden Verbene oder der weissen Steppenlilie laben, von dem Schaum abbekommen?
Ich könnte nie mehr wieder das Wort Biodiversität und Umweltschutz ohne schlechtes Gewissen in den Mund nehmen.
Da - als hätte jemand heute Morgen meine Gedanken gelesen...und gäbe mir Zuspruch mit einer Belohnung...
Ich entdeckte kurz darauf einen neuen oder vielleicht einen alten Bewohner (ich weiss es nicht) auf jeden Fall sah ich ihn zum ersten Mal.…sich zwischen den Stachelbeerblättern, am Bäumchen, versteckend...
Das Internet gab Aufschluss - Herr Moschusbock in voller Grösse, Glänzend und schillernd, mit langen Fühlern. Wunderschön sah er aus und es schien als beäugte nicht nur ich ihn - sondern auch er mich. «Es passiert dir nichts – du darfst hier leben…und weisst du was, es gibt sogar Zaunwinden, denen ich nur kurzfristig Herr werde.» hahaha Das erzählte ich in Gedanken. Er machte ein belangloses Gesicht. Klar Acker- und Zaunwinden interessieren ihn nicht. hahaha
Das Internet hingegen gibt dafür folgendes preis: «dass genau dieser Moschusbock zu den besonders Schützenswerten gehört, weil vor dem Aussterben bedroht.» (alles weitere kannst du hier lesen)
Genau für das lohnt sich meine Geisteshaltung - meine Gartenphilosophie und ich werde sie auch nicht ändern. Ich bin auf dem richtigen Weg - auf meinem Weg mit Herrn Moschusbock und seinen Kumpanen…mit und ohne Flügel.
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