
Vor etwas mehr als einer Woche griff ich zu einem Buch das schon länger auf meinem Stapel "der zu Lesenden" zuoberst lag. Bestimmt hatte ich mich vor der Bestellung über dessen Inhalt erkundigt, sonst hätte ich es nicht gekauft. Doch was mich erwartete das konnte ich damals nicht ahnen.
Allein mit dem Satz *"So viele Namen, die einem im Laufe des Lebens begegnen." liess mein Erinnerungsmotor starten. Geschichten über Geschichten von Ursulas, Tonis, Peter, Manuelas, Jasmins, Carmela, Gino, Daniels, Giuseppe, Marcos, Martinas, Susis, Andis, Mirella, Orella, Brigittes, Gabrielle und Gabys, Hugo und unzählig viele weitere Namen liessen grosse und kleine Filme in meinem Kopf ablaufen. Es kamen mir Namen in den Sinn die so verschüttet wie aus grauer Vorzeit und nun ähnlich wie bei einem Archäologischen Fund (hahaha) das Licht meiner Vergangenheit erblickten. Da waren auch noch Godi, Rahel, Monika und Luigi...was ist wohl aus ihnen geworden?
Es erübrigte sich in meinem Fall der weitere Satz im Deckel des Buches, das ich in den Händen hielt: *"Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, Jenny?" Ok - ich heisse nicht Jenny und trotzdem fühlte ich mich angesprochen als es hiess: *"Die vielen Namen, die kommen und gehen. Die dir das Herz zerreissen und dich zu Tränen rühren. Die zu Geliebten oder zu Feinden werden." Oh ja - Wie viele Bekannt- und Freundschaften, sowie Beziehungen nahmen schon einen Weg, den man sich nie so vorgestellt hätte. Erst himmelhochjauchzend und dann... Ach, lassen wir das...
Oder doch nicht? Ich wurde durch diese Geschichte mit meinen Wegbegleitenden Namen erneut konfrontiert. Mehr noch - auch mit der Gegenwart und Zukunft.
*"Manchmal blättere ich in meinem Adressbuch" stand weitergeschrieben. Da ich alle Jahre mein Adressbuch, so wie meine Accounts in den sogenannten Sozialen Medien überarbeite, stehen mir in Wort und Name nur jene zur Verfügung, welche aktuell in meinen Leben einen Platz belegen. Doch es ist ein Irrglaube zu denken, dass mit dem Löschen eines Namens, Adresse und Geburtsdatum das Erlebte mit dieser Person verschwunden ist. Das Einzige was unwiederbringlich wegbleibt...so zumindest in meinem Fall, ist die Telefonnummer. Weil ich mir keine Zahlenreihen merken kann. Doch alles andere ist vorhanden. Manchmal so blühend als wäre es gestern gewesen und sogar das eine oder andere Geburtsdatum, obwohl schon über 40 Jahre kein Kontakt mehr besteht.
Irgendwie unheimlich – oder nicht?
*"Es ist die Landkarte meines Lebens. Ich werde Dir ein bisschen davon erzählen." Mit diesen Worten begann für mich eine Reise mit einer 96-jährigen Frau und deren roten Adressbuch. Sie brachte zu Stande was sonst noch nie etwas Geschriebenes in Buchform bislang geschafft hatte. Also eher die Autorin bei welcher dieser Roman in Buchform herangewachsen ist. Es gab Momente in denen mir, ja mir...die nicht nahe ans Wasser gebaut hat... die eine oder andere Träne über die Wange lief.
Und als ganz am Ende des für mich spannenden, unglaublichen, nachwirkenden und gut geschrieben eine Frage vermerkt stand, war alles perfekt.
*"Unter jedem Grabstein ruht Liebe. So viel Liebe.
Ein Augenaufschlag, der das ganze Leben auf den Kopf stellt.
Ineinander verschlungene Hände auf einer Parkbank.
Der Blick der Eltern auf ihr Neugeborenes.
Eine Freundschaft, die so stark ist, dass sie keine Leidenschaft braucht.
Zwei Körper, die immer wieder zu einem verschmelzen.
Liebe - Es ist nur ein Wort. Aber es birgt so viel mehr.
Am Ende ist die Liebe das Einzige, was zählt.
Hast du genug geliebt?"
aus dem Buch *Das rote Adressbuch - von Sofia Lundberg - aus dem Goldmann Verlag
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